C. Die Einpfarrung nach Koblenz und ihre zivilstandsrechtlichen Folgen
Die zügige Entwicklung zur Ortsfestigkeit, die die Gemeinde im zweiten Viertel des 19. Jahrhunderts genommen hatte, mochte auch durch ihre Einpfarrung nach Koblenz gefördert worden sein. Im Jahre 1837 hatte die Koblenzer Regierung entschieden, "daß die evangelischen Bewohner zu Ehrenbreitstein, Arenberg, Horchheim, Niederberg, Pfaffendorf und Urbar dem Pfarrer und Presbyterium zu Koblenz zur Seelsorge überwiesen werden". Damit war entschieden, daß allein der Koblenzer Pfarrer an ihnen "sämtliche pfarramtliche Handlungen (...) zu verrichten habe". Die seit 25 Jahren schwelende Zuordnung nach Koblenz oder Bendorf war pfarrechtlich endlich geklärt, indem die rechts-rheinischen Protestanten der wesentlich näher gelegenen evangelischen Kirchengemeinde zu Koblenz unterstellt wurden. Seit Errichtung der Schiffbrücke zwischen Ehrenbreitstein und Koblenz im Jahre 1819 war der Rhein verkehrstechnisch wesentlich leichter zu überqueren als noch in nassauischer Zeit. Als ehemalige Staatsgrenze aber trennte er auch jetzt noch verschiedene Rechtswirksamkeiten voneinander, die erst nach der Reichsgründung von 1871 allmählich vereinheitlicht werden sollten. Auf dem Gebiet des Zivilstandsrechtes bekamen das die Kirchen im frühen 19. Jahrhundert besonders deutlich zu spüren, und nicht ohne Grund hat die Koblenzer Pfarrei für ihren rechtsrheinischen Gemeindeteil seit 1838 eigene Kirchenbücher mit Tauf-, Trau- und Sterberegistern geführt.
Die Pflicht zum Eintrag zivilstandsrechtlicher Vorgänge, wie Geburt, Hochzeit und Tod, in staatlich geführte Register beim Bürgermeister hatte linksrheinisch im ehemals französischen Rechtsgebiet seit 1798 zum sogenannten Zivilstandsregister geführt. Es sollte sich erst nach 1875 im gesamten Reichsgebiet unter der Bezeichnung Standesamtsregister durchsetzen. In nassauischer Zeit und auch danach kannte man es rechtsrheinisch noch nicht.
Hier war allein der Eintrag ins Kirchenbuch rechtsverbindlich, das aber nicht beim Bürgermeister geführt wurde, sondern beim Pfarrer. Der in preußischer Zeit entbrannte Streit, ob nun in konfessionell gemischten Gegenden die Brautleute das Aufgebot in der Kirche ihrer zivilen Wohngemeinde oder in der Kirche ihrer Konfession und ihres Pfarrers zu bestellen hatten, auch wenn diese an einem ganz anderen Ort lag, hat die Gemüter seit den dreißiger Jahren des 19. Jahrhunderts bewegt, nicht nur die protestantischen, auch die katholischen. Während das Trierer Bistum für seine rechtsrheinischen Katholiken von Anfang an den Standort der Pfarrkirche als Aufgebotsort favorisierte, und die Einfarrungen der verstreut lebenden Katholiken - etwa im Wieder Standesgebiet - mit Erfolg vorangebracht hatte, plädierten die staatlichen Stellen zunächst für das öffentliche Aufgebot am Wohnsitz. Schließlich, so argumentierte man, diene das Aufgebot keinen konfessionellen, sondern rein bürgerlichen Zwecken. Am Ende aber glich man sich der Trierer Position an. In einem Erlaß des Koblenzer Oberpräsidenten vom 30. März 1842 wurden Katholiken wie Protestanten des rechten Rheinufers für Aufgebote und Eintragungen in die Kirchenbücher an die Sitzorte ihres Pfarrers und seiner Kirche verwiesen.
Danach mußten die rechtsrheinischen Paare der Koblenzer evangelischen Gemeinde ihr Aufgebot in Koblenz bestellen und sich zugleich dem in Koblenz geltenden Zivilstandsrecht unterwerfen. Es schrieb die bürgerliche Trauung und den Eintrag ins Zivilstandsregister als allein rechtsverbindlich vor. Unterblieben sie, waren die linksrheinisch, allein kirchlich geschlossenen Ehen ungültig, worauf das Konsistorium die rechtsrheinischen Protestanten 1854 ausdrücklich hinwies. Die Situation verlangte dringend nach einer Lösung. Sie war am einfachsten zu finden, wenn Ehrenbreitstein auch für seine Protestanten Kirchort wurde, an dem kirchliche Trauungen nach rechtsrheinisch geltendem Brauch ohne vorangegangene bürgerliche Eheschließung vorgenommen werden konnten.
Quelle: 1899 -1999. Festschrift der Evangelischen Kirchengemeinde Koblenz-Pfaffendorf aus Anlass des 100. Jahrestages ihrer Gründung zum 1. Oktober 1899