Jahresbericht 2009

„Bildung ist mehr…“

Bericht der Ev. Kirchengemeinde Koblenz-Pfaffendorf
zur Kreissynode am 6./7. November 2009

Bildungsarbeit in unserer Kirchengemeinde vollzieht sich vor allem in Gruppen, die sich ganz unterschiedlich zusammensetzen. Die Heterogenität der Gruppen lässt sich von unterschiedlichen Gesichtspunkten her betrachten: vom Lebensalter, von der sozialen Schichtung, vom Geschlecht oder auch vom Bildungsinteresse und von der Themenstellung her. Gemeinsam ist allen Gruppen, dass sie sich „unter dem Dach der Kirche“ zusammenfinden und auf diese Weise ein Stück kirchlicher Integrationsarbeit leisten. Um die Vielfalt der Bildungsprozesse innerhalb der Gemeinde abzubilden, haben verschiedene Gruppen ihre Erfahrungen und Zielsetzungen exemplarisch zusammengefasst.

Konfirmandenarbeit: Über die Zeit hinweg haben sich die Bedeutungsakzente der Konfirmation und des vorangehenden Unterrichts immer wieder verschoben. Von einem schulisch gefärbten Verständnis des Unterrichts haben wir uns längst entfernt und sprechen heute von „Konfirmandenarbeit“ (KA). „Lernen, was es heißt als Christ in unserer Zeit zu leben“ – darum geht es uns auch in der KA unserer Gemeinde. Dabei steht weniger das Auswendiglernen bestimmter Texte oder Lieder im Mittelpunkt. Es geht um ein Lernen mit Kopf, Herz und Hand. KA bemüht sich darum, die direkte Begegnung mit Menschen in der Gemeinde zu ermöglichen. So lernen die Jugendlichen die unterschiedlichen Bereiche der Gemeindearbeit kennen und werden auch immer wieder an Vorbereitung und Durchführung von Gottesdiensten beteiligt. Wie alle anderen kirchlichen Bereiche leidet auch die KA unter Einbrüchen; dennoch gilt: kein Bereich evangelischer Gemeindearbeit erreicht gegenwärtig eine Altersgruppe so umfassend wie die KA. Auch in unserer Gemeinde begleiten wir – mit Unterstützung einer Diakonin in der Jugendarbeit - junge Menschen in der manchmal recht schwierigen Lebensphase der Pubertät. Am Ende der Konfirmandenzeit sollen sie in der Lage sein, ihren eigenen Platz in der Gemeinde zu finden. (Peter Stursberg)

Evangelische Jugendarbeit ist außerschulische Persönlichkeitsbildung. Sich selbst „bilden“ können steht im Vordergrund der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in unserer Gemeinde. Kinder und Jugendliche sind Subjekte der Evangelischen Jugendarbeit. Somit lernen sie selbst zu entscheiden, wann und zu welchen Inhalten sie etwas lernen wollen. Die Idee von Bildung richtet sich aus an den Grundsätzen der Jugendverbandsarbeit:
Freiwilligkeit, Vielfalt und Selbstbestimmung der potenziellen Lernprozesse und damit eine emotionale Beteiligung auf sehr hohem Niveau.
Übernahme von Verantwortung als wichtiges Prinzip: „Hier kann ich in kleinen Schritten lernen Verantwortung zu übernehmen, auszuprobieren, was es heißt verantwortlich zu sein, z. B. für andere Menschen“.
„learning by doing“: Fehlermachen können die Jugendlichen als Lernchance, nicht als persönliches Defizit erleben.

In unserer Arbeit sowohl mit Kindern als auch mit Jugendlichen stehen diese Ideen immer im Hintergrund, wenn wir Aktionen und Projekte planen: Wer kann von uns was, wer möchte mal was Neues ausprobieren, wo traut sich jemand einen Schritt weiter zu gehen, als er bisher gegangen ist? Emotionale Bildung steht dabei immer wieder im Vordergrund und zwar so, dass Jugendliche nicht alleine im Regen stehen bleiben, sondern aus ihren Erfahrungen sich etwas Neues „bilden“ kann.

Diese Ansicht von Bildung ist leider immer weniger in unserer Gesellschaft vertreten. Eltern und Kinder stehen unter einem sehr hohen schulischen Bildungsdruck. Es ist nicht immer einfach Kindern, Jugendlichen und Eltern zu erklären, dass diese Art von Bildung im Leben genau so wichtig ist wie gute Noten in der Schule. Bildung ist mehr als die Inhalte in einem Lehrplan. Dort wo Freiwilligkeit, Neugierde, Vielfalt und Selbstbestimmung zusammenkommen, da bringt Bildung Kindern und Jugendlichen so viel Spaß, dass ein großes Bedürfnis nach sich „bilden“ entsteht. Wir wollen ihnen in unserer Gemeinde diese Möglichkeiten eröffnen. (Petra Seidel) Frauenhilfe… will Frauen für ihre Aufgaben in Gesellschaft, Familie und Kirchengemeinde durch ein vielfältiges Bildungsangebot stärken. Es werden unterschiedliche Themenbereiche bedient: Geschichte, Theologie, gesellschaftspolitische Hand-lungsweisen (z. B. fairer Handel), weltweite Ökumene (Weltgebetstag), Training der intellektuellen Fähigkeiten und Anleitungen zum sozialen/diakonischen Engagement. Da die Mitglieder bildungsmäßig sehr heterogen zusammengesetzt sind, streben wir das Bildungsziel durch unterschiedliche Methoden an, damit sich jede Teilnehmerin einbringen und aktiv mitarbeiten kann. Die Arbeit wird erleichtert durch geeignetes Arbeitsmaterial (vom Landesverband der Frauenhilfe, andere kirchliche Angebote, Internet, Medien) und durch technische Möglichkeiten der Gemeinde. Bei der Organisation der Veranstaltungen ist die Unterstützung durch den sehr zuverlässigen Küster eine große Hilfe. Eine Erschwernis liegt darin, dass sowohl die Organisation/Planung, als auch die inhaltliche Arbeit in den Händen der Gruppenleitung liegt. Wünschenswert ist eine Intensivierung des persönlichen Kontakts zu den einzelnen Mitgliedern. Bildung ist mehr…, nämlich Verantwortung und Selbstbestimmung: der evangelische Weg zum Glauben. (Barbara Horn) Frauenabendkreis… beschließt bei seinem ersten Treffen im Januar über Themen und Aktivitäten im laufenden Jahr. Dabei sind die Teilnehmerinnen an der Themenfindung beteiligt. Bildung im weiteren Sinne beinhalten alle Treffen, auch wenn die Bedingungen für die Abrechnung über das eeb nicht immer erfüllt werden. Bei der Gründung der Gruppe vor rd. dreißig Jahren waren die Nähe zum Wohnort und die behandelten Erziehungsfragen für die jungen Familienfrauen von großem Interesse. Das Heranwachsen der Kinder und deren zunehmende Selbstständigkeit bedeutete für die Frauen mehr Flexibilität und Mobilität, die sich teilweise in der Rückehr in den Beruf, im Engagement in Ehrenämtern und mittlerweile beim Einsatz bei den Enkelkindern auswirkte. Deshalb ist die Beteiligung an den Treffen manchmal sehr gering. Da die Ehemänner inzwischen größtenteils im Ruhestand sind, werden auch sie zu den Veranstaltungen, insbesondere zu den Bildungsausflügen, eingeladen.

Manche Themen von allgemeinem Interesse werden im Gemeindebrief angekündigt. Von diesen Einladungen wird nur wenig Gebrauch gemacht. Wir wünschen uns, dass neue Frauen zu uns finden und den Kreis „aufmischen“. Vielleicht wäre es gut, wenn gelegentlich alle Gemeindekreise „offene“ Abende zum Kennenlernen anböten. Bildung ist mehr als das in Lehranstalten Vermittelte und zeigt sich insbesondere bei der Umsetzung im täglichen Leben. (Renate Lippitz)

Männerkreis „55plus“… will Männer ab 55 Jahren ansprechen. Leider ist es bisher noch nicht gelungen eine wesentliche Verjüngung des Teilnehmerkreises zu erreichen. Veranstaltungen werden in der Regel alle zwei Monate angeboten. Unsere Ziele werden durch geschichtliche, bildungspolitische, gesellschaftsrelevante und zeitkritische Themen definiert. Das Interesse an Themen aus dem unmittelbar kirchlichen Bereich ist nicht sehr groß. Durch die in der Vergangenheit geübte Praxis der offenen Einladung nehmen bei den Veranstaltungen gern auch Ehefrauen teil. Es wird behutsam versucht, dies zu verändern und den Teilnehmerkreis allein auf Männer zu begrenzen. Als Ausnahmen werden Einzelveranstaltungen angeboten, zu denen auch die Ehefrauen eingeladen sind.(Egon Loos und Waldemar Kalisch)

Gesprächskreis am Vormittag: Hier treffen regelmäßig Senioren – auch aus der katholischen Nachbargemeinde - zusammen. Bildung kommt zunächst durch die Themenauswahl vor, an der sich über den Leiter hinaus auch die Teilnehmenden beteiligen. Es geht um religiöse/christliche Themen, wobei zumeist geschichtliche, aber auch „religiöse Dimensionen“ im Vordergrund stehen. Ein wesentlicher Aspekt bei der Themenwahl ist der „Blick über den Tellerrand“, der durch Einladung von Referenten anderer Konfessionen oder Kirchen erfolgt. Bildung vollzieht sich hier in einer „ideologiekritischen“ Aussprache im Zusammenhang mit den jeweiligen Vorträgen. Positionen anderer Religionen und Konfessionen sowie historische Epochen werden verglichen. Beinahe immer wird man sich als Teilnehmender der Stärken unseres evangelischen Menschenbildes und unseres Grundgesetzes bewusst. Die Bildungsarbeit wird erleichtert durch die administrative Hilfe des Gemeindebüros sowie durch die Mitgliedschaft in der eeb (Vermittlung von Referenten). Bildung ist mehr als kognitive Vermittlung von Sachverhalten. Auch wenn Bildung in unserer „Leistungs- und Erfolgsgesellschaft“ auf spätere Erfolge im Beruf und auf Leistung abzielen muss, sollten wir, wo immer möglich, die Positionen unseres evangelischen Bildungsverständnisses vertreten, das eben nicht durch Leistungszwang und Erfolg geprägt ist. Allerdings ist zu bedenken, dass Leistung und Erfolg erst zur Aufgabenerfüllung und zur Hilfe für andere befähigen.(Heinz Reichel)

Der Bericht wurde durch Beschluss des Presbyteriums am 03.09.09 angenommen.